Creative excellence, impressive simplicity.

Mit dem Vortrag von Nico Wüst, Head of Design System bei Strichpunkt zusammen mit Susanne Meier, Vice President Brand Strategy bei DHL endet die diesjährige CXI mit einem überraschenden Ansatz. «Warning! This is not a design presentation!»

DHL beauftragte die Agentur mit der Vereinfachung der Branding Guidelines – nicht aber mit einem Redesign der Marke. Nachdem 2015 bereits ein großer Relaunch stattgefunden hat, sollte es nun darum gehen, die globale Markenführung konsistent und leicht anwendbar zu machen, denn: Die rund 380.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weltweit hielten sich nicht an Brand Guidelines und Templates. «Wir wollen, dass die Marke überall auf der Welt auf die gleich Weise wahrgenommen wird,» erklärt Susanne Meier. Die zweite Herausforderung im Briefing: die emotionale Bindung zur Marke stärken.

 

 

Strichpunkt räumte in mehreren Sprints das Regelwerk auf, warf alle Templates weg und testete neue Richtlinien durch Anwender. Die Beibehaltung der Templates hätte zu langweiligen und uniformen Ergebnissen geführt, wenig Raum für kreative Lösungen gegeben, erklärt Nico Wüst. Außerdem müssten sie ständig erneuert und ausgetauscht werden, sobald neue Anwendungen und Formate genutzt werden. Nach dem Prinzip Modular Design – ähnlich des Atomic Design Prinzips aus der digitalen Produktentwicklung – zerlegten die Designer das Corporate Design in seine Bestandteile. Durch das modulare System lassen sich die Gestaltungselemente wie Lego-Bausteine zusammensetzen und auf Layouts übertragen. Auf einer barrierefreien Website – der Brand Hub (www.dpdhl-brands.com) der Deutschen Post DHL – wird mit einfach und kurz formulierten Beschreibungen das Corporate Designs erklärt. «Komplexität führt zu mittelmäßigen Ergebnissen,» erklärt Nico Wüst. Formulare und Eingabefelder sowie die Berechnung von Größen und Maßeinheiten erleichtern die Anwendung der Gestaltungselemente auf verschiedenen Formaten. Eine umfangreiche Pattern Library ermöglicht die markenkonforme Gestaltung von Online-Medien.

 

 

Schließlich wurde doch etwas am Corporate Design geändert: die Hausschrift. Der Schriftklassiker Frutiger wurde bisher in 26 Schnitten genutzt. Das machte den Schrift-Einsatz kompliziert. Dalton Maag wurde mit der Entwicklung eines Corporate Fonts beauftragt. Aus den Markenwerten und Formen des Post-Horns und Kurven des DHL-Logos entstand die Delivery – eine Schriftfamilie in acht Schnitten, die nicht nur zu einem klaren und differenzierten Erscheinungsbild verhilft, sondern auch Lizenzen und Ressourcen (durch eine verringerte Laufweite) spart. Das Thema Emotionen ging Strichpunkt mit der Konzeption einer neuen Bildwelt an. Die Werte der Markenpersönlichkeit wurden in Tonalitäten für die Bildgestaltung übersetz: bright, focused, energetic. Ein Pool an Fotografien mit vielen Porträt-Aufnahmen von realen DHL-Kolleginnen und Kollegen in diversen Arbeitssituationen stellt sicher, dass man über die Schlagwortsuche in der Datenbank passendes Bildmaterial findet.

 

 

Mit einem neuartigen Ansatz ging Strichpunkt noch einen Schritt weiter: Der Layout Creator, ein Konfigurator, der mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz jeder Mitarbeiterin und jedem Mitarbeiter weltweit ermöglicht Markenkonforme Medien zu produzieren. Dafür wurde ein Interface gestaltet, dass wie in einem Chat funktioniert: Man wählt ein Format aus, findet ein Bild in der Medien-Datenbank, fügt Text in Eingabefelder ein und spielt mit vordefinierten Textformaten und Bild-Positionen. Der Algorithmus übernimmt die Design-Arbeit in Echtzeit, platziert den gelben Verlauf und schlägt verschiedene Layout-Umsetzungen vor – dabei lernt die KI anhand von ästhetischen Metriken. Mit wenigen Klicks lässt sich das Ergebnis als druckbares PDF exportieren. Dies sei eine große Chance für die zukünftige Anwendung des Corporate Designs an immer mehr Berührungspunkten wie Bots auf dem Smartphone, Packstationen, smarte Delivery mit autonomen Fahrzeugen etc., gibt Nico Wüst zu bedenken. «Es ist utopisch zu glauben, man könne das alles als Designer kontrollieren. KI nimmt uns hier Arbeit ab.»


Text: Christine Wenning | 12. Juli 2019 | Fotos: Julius Stuckmann | CXI 19